Einnistungsversagen - was steckt dahinter?
- Anna Bergmann

- 9. Sept.
- 5 Min. Lesezeit
Einnistungsversagen ist eines der Schlagworte, die bei Kinderwunsch--Behandlungen oft fallen. Aber was ist das genau und was steckt dahinter?
Ist Einnistungsversagen eine Diagnose?
Jein. Es ist mehr eine Feststellung, zu der man anhand von gewissen Indikatoren gelangen kann. Klar ist jedoch, dass bei Einnistungsversagen niemals die Diagnostik beendet werden sollte, denn tatsächlich fängt sie da erst an.
Was passiert genau?
Die Einnistung ist einer der sensibelsten Vorgänge einer (möglichen) Schwangerschaft. Natürlich passieren auch an einem normalen Tag im 7. Schwangerschaftsmonat ganz viele Dinge im Körper, aber die Tage der Einnistung sind matchentscheidend, ob es überhaupt zu einer Schwangerschaft kommt. In einer ersten Phase (ca. 1-3 Tage nach der Ankuft des Embryos in der Gebärmutter) dockt der Embryo erstmals an die Gebärmutterschleimhaut an. In der zweiten Phase (ca. 5-7 Tage danach) gräbt er sich immer tiefer in die Schleimhaut ein und beginnt sich richtig festzubeissen, es kommt zu einer untrennbaren Verbindung. In beiden von diesen Stadien kann natürlich vieles schief gehen - mit dem Ergebnis, dass es zu keiner Schwangerschaft kommt.
Was sagt uns Einnistungsversagen wirklich?
Erstmal eben gar nicht so viel. Von der Tastache, dass es nicht zu einer Schwangerschaft gekommen ist, kann man nicht automatisch auf die Einnistung schliessen! Es gibt zwar eine Menge Diagnosen, die sich mit genau diesem Zeitabschnitt befassen, aber alle haben ganz unterschiedliche Ursachen und Rahmenbedingungen. Man darf also nicht den Fehler machen zu sagen, es gibt ein Einnistungsversagen, ohne dass man dies mit Sicherheit auch sagen kann. Umgekehrt kann es auch zu einer Einnistung kommen, die aber im späteren Verlauf wiederum nicht zu einer Lebendgeburt führt. Je nach dem, welche Ursachen ausgeklammert werden können, kann es am Ende wirklich an der Einnistung liegen - oder eben nicht.
Wenn eine Patientin beispielsweise drei Fehlgeburten erlitten hat, müssen diese keinen Zusammenhang aufweisen. Es kann sein, dass eine Fehlgeburt wegen einem genetischen Defekt passiert ist, eine weitere wegen einer Endometritis und eine weitere aufgrund einer mangelnden Versorgung des Embryos durch die Plazenta.
Genetik ist alles
In einem normalen Zyklus hat jede Frau immer wieder Eizellen, die genetisch nicht einwandfrei sind. Das ist erstmal ganz normal. Das schliesst aber nicht aus, dass diese trotzdem befruchtet werden können und sich eine Weile weiterentwickeln können. Manche Embryos sind bei genetischen Fehlern überhaupt nicht lebensfähig und sterben innerhalb von wenigen Tagen ab. Im Extremfall entwickeln sie sich nicht einmal in das Blastozystenstadium. Wenn dies nun zum Beispiel an ZT 23 passiert, liegt kein Einnistungsversagen, sondern ein genetisches Problem vor. Das Resultat ist bloss am Ende das Gleiche. Manchmal können sich Embryonen gerade so weit entwickeln, dass es zwar zu einer Schwangerschaft kommt (Test ist positiv), dass diese aber im biochemischen Stadium, d.h. vor Erreichen der 5. Schwangerschaftswoche bereits wieder endet. Umgekehrt sind genetische Defekte kein Ausschlussgrund für eine länger dauernde Schwangerschaft. Auch viele Fehlgeburten im ersten Trimester sind darauf zurückzuführen. Darüber hinaus gibt es auch einige genetische Anomalien wie z.B. Trisomien, die teilweise sogar überlebensfähig sind (z.B. Trisomie 21, auch bekannt als das Down Syndrom). Nicht zustandekommende Schwangerschaften sind deshalb nicht immer das Problem der Einnistung, sondern häufig auf genetische Defekte zurückzuführen, die mit der Einnistung nichts zu tun haben.
Genetische Ursachen können nicht generell festgestellt werden, d.h. jeder Embryo hat eine individuelle Genetik, die sich nicht zwangsläufig wiederholen muss. Die häufigsten Methoden sind:
Polkörperdiagnostik bei Eizellen
Präimplantationsdiagnostik bei Embryonen
Aber Achtung: Auch ein euploid (d.h. gesund) aussehender Embryo hat keine 100% Garantie auf eine Lebendgeburt. Durch PID können die morphologisch besten Embryonen ausgewählt werden, welche die höchsten Entwicklungschancen (Einnistung + Entwicklung) haben, trotzdem sind auch erstklassige Embryonen kein Garant dafür, dass die Schwangerschaft erfolgreich ist. Umgekehrt können auch Embryonen, die nicht die besten Klassifikationen aufweisen, zu einer gesunden Lebengeburt führen. Die PID wird auch angewandt, wenn Erbkrankheiten im Raum stehen, die damit ausgeschlossen werden können.
Immunologische Faktoren
Das Kernproblem bei Einnistungsversagen liegt oft in der Immunologie. Zum einen leiden viele Frauen unter Endometritis - einer chronischen Entzündung der Gebärmutterschleimhaut. Diese kann völlig symptomlos verlaufen. Eine Endometritis sorgt für ein unpassendes Milieu in der Gebärmutterschleimhaut und erschwert zumindest die Einnistung, weil der Embryo gegen die Entzündung auch noch ankämpfen muss. Auch natürliche Killerzellen können ein Faktor sein, dabei sind zu viele Immun-Abwehrzellen in der Gebärmutter, die den Embryo irrtümlicherweise als gefährlichen Fremdkörper abstossen.
Das Problem bei diesen beiden Diagnose ist, dass sie graduell verlaufen und dass man sie nicht klar als Ursache identifizieren kann. Es kann sein, dass ein Embryo sich nicht einnistet, wenn eine Endometritis vorliegt. Es kann aber auch sein, dass es damit einfahc schwerer geht, bzw. dass sich weniger Embryonen einnisten. Auch bei Killerzellen gibt es keine harte Schranke, ab der eine Einnistung unmöglich ist, sie wird dadurch lediglich erschwert. Der Spiegel der Killerzellen variiert konstant, sodass verschiedene Ursachen (wie z.B. Genetik) auch damit zusammenkommen können.
Diese immunologische Ursachen werden in der Regel mit einer Biopsie in Verbindung mit einem Blubild festgestellt. Wichtig zu wissen ist, dass es sich dabei immer nur um eine Momentaufnahme handelt.
KIR-Gene
KIR-Gene sind der einzige harte Ausschlussgrund, der eine Einnistung definitiv verhindern kann. Vereinfacht gesagt geht es dabei um eine Schlüssel-Schloss-Kombination von Zellen des Embryos (von der männlichen Seite) und der Gebärmutter von der Seite der Mutter. Jeder Mensch hat ein bestimmtes KIR-Gen, wobei es eben mehrere davon gibt. Diese sind weder gut noch schlecht, sondern einfach eine genetische Eigenschaft so wie blaue oder grüne Augen. Gewisse Kombinationen von Mann und Frau sind genetisch inkompatibel, sofern sie nicht behandelt werden. Dann kommt es tatsächlich nicht zu einer Einnistung. Unpassende KIR-Gene können aber mit einer Immunsuppressionstherapie sehr gut behandelt werden.
Einnistungsfenster
Eine wissenschaftlich noch nicht überall durchschlagende Frage betrifft das Einnistungsfenster. Du kannst dir die Gebärmutterschleimhaut in starker Vergrösserung wie einen Naturschwamm vorstellen. In dem Moment, in dem die befruchtete Eizelle in der Gebärmutter ankommt, sind die Löcher des Schwamms weit geöffnet und laden die Eizelle ein, sich darin einzunisten. Nach einer gewissen Zeit schliessen sie sich aber wieder, d.h. sie sind dann nicht mehr empfänglich für einen Embryo. Es kann nun sein, dass das Zeitfenster der Gebärmutterschleimhaut, in welchem eine Einnistung chemisch möglich ist, nicht mit der tatsächlichen Ankunftszeit des Embryos in der Gebärmutter zusammenfällt. Dann ist nicht die Einnistung an sich das Problem, sondern das Timing dazu. Leider kann diese Situation oft nur mit einer künstlichen Befruchtung umgangen werden, indem der Embryo genau zur passenden Zeit in die Gebärmutter eingebracht wird.
Geprüft werden kann das Einnistungsfenster mit dem ERA-Test. Dazu wird eine minimale Gewebeprobe entnommen, was genau zum Zeitpunkt der üblichen Ankunft des Embryos gemacht werden muss. Darin sieht man das genetisch festgelegte Zeitfenster, ob dieses eher früher oder später als der Durchschnitt vorliegt.
Zusammenfassung
Oft gibt es nicht die eine Ursache, die für eine ausbleibende Schwangerschaft verantwortlich ist. Viele Ursachen, die im Zusammenhang mit der Einnistung stehen, sind eher Soft-Faktoren und vor allem in Kombination schwierig, aber eine rückwirkende Ursachenforschung eines Zyklus ist nicht möglich. Sofern andere Ursachen bereits ausgeschlossen werden konnten, ist Einnistungsversagen oft erst das Stichwort, um mit der Diagnostik wirklich zu beginnen.
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