Sport, Gewicht & IVF - die wichtigsten Fakten
- Anna Bergmann

- 25. Okt.
- 6 Min. Lesezeit
Unerfüllter Kinderwunsch und Abnehmen sind zwei Themen, die sich vielleicht am besten als Hassliebe beschreiben lassen. Durch die zusätzliche Belastung im Alltag fällt es vielen Betroffenen schwer, ein reguläres Sportprogramm zu integrieren, oder es ist einem durch die Medikamente oft auch nicht danach. Viel Zeit zum Kochen bleibt auch oft nicht - es ist also leichter gesagt als getan.
In diesem Beitrag möchte ich mich daher auf die wichtigsten Zusammenhänge von Gewicht & IVF fokussieren, denn einfach nur abzunehmen ist oft gar nicht der richtige Weg. Das Problem ist viel eher, dass das Thema Gewicht bzw. Sport in den meisten KiWu-Kliniken überhaupt keine Rolle spielt - oder hat dich jemals jemand gefragt, wann genau du welches Cardio-Training im Zyklus unterbringst?
Generell gibt es drei Säulen, die für die Eizellengesundheit - und somit indirekt auch für die Erfolgsaussichten verantwortlich sind, aber nicht nur für die Eizellen, sondern auch für weitere begünstigende Faktoren, wie zum Beispiel die Einnistungsfähigkeit. Die erste Säule ist die Vermeidung von Giftstoffen, die in der KiWu-Klinik in der Regel nie angesprochen wird - oder wurdest du über giftige Kassenzettel und Kochbesteck aufgeklärt? Die zweite Säule betrifft die Ernährung. Hier ist die Meinung weit verbreitet, dass Bio ein Garant für gesundes Essen ist. Bio ist zwar gesünder als andere Herkunftslabels, aber nicht das einzige Kriterium für gutes Essen. Für gesunde Eizellen geht es weniger um die Herkunft des Essens, sondern um gezielte Lebensmittel, die einen positiven Effekt haben. Wenn das Thema in der KiWu-Klinik überhaupt angesprochen wird, dann oft nur in Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel. Das Ziel sollte jedoch immer sein, die richtigen Nährstoffe primär über eine gesunde Ernährung aufzunehmen und nur zu supplementieren,wenn dies wirklich nötig ist, denn mehr ist nicht mehr an dieser Stelle. Die dritte und letzte Säule betrifft Sport. Sport zu machen ist generell gut, aber es spielt eine grosse Rolle wann im Zyklus wir welchen Sport machen und wie ein Sportprogramm insgesamt ausgestaltet ist. Um diese dritte Säule geht es in diesem Artikel besonders.
Warum ist ein gesundes Gewicht wichtig, wenn man eine IVF starten möchte?
In den Jahren 2020 bis 2022 sind mehrere Studien erschienen, die in verschiedenen Teilbereichen deutliche Zusammenhänge von Gewicht und Fruchtbarkeit bewiesen haben. Sie beziehen sich alle auf den BMI, wobei ein BMI über 25 bzw. über 30 (Adipositas) mit erheblich schlechteren Ergebnissen aufgefallen ist. Umgekehrt konnten Übergewichtige ihre Erfolgschancen bei einer IVF um bis zu 20% steigern, nachdem sie einen gesunden BMI erreicht hatten.
Hinweis: Der Body-Mass-Index (BMI) ist nur eine Richtgrösse, da er nur das Verhältnis von Gewicht und Körpergrösse angibt. Für Frauen im Alter von 25-45 Jahren gilt ein BMI von 20-25 als gesund. Der BMI berücksichtigt allerdings nicht, ob jemand viel Muskelmasse besitzt, oder ob das Gewicht eher durch Körperfett erreicht wird. Eine sehr muskulöse Sportlerin hat also möglicherweise den gleichen BMI, wie eine nicht trainierte Frau mit dem ein oder anderen Fettpölsterchen, da beide gleich viel wiegen.
Welche Rolle spielt der Körperfettanteil?
Viel wichtiger als der BMI ist der Körperfettanteil, wenn wir von Erfolgsraten bei IVF-Behandlungen sprechen. Denn hierbei ist das Gewicht zweitrangig, zu viel Körperfett jedoch kann die Chancen drastisch senken.
Mit einem hohen Körperfettanteil geht ein zu hoher Östrogenanteil einher, was dazu führt, dass die Lutealphase verkürzt wird (2. Zyklushälfte) und das Follikelwachstum verschlechtert wird. Stark konzentrierte Fetteinlagerungen an den Oberschenkeln und am Bauch können ein Hinweis für einen Östrogenüberschuss sein. Die LH/FSH-Balance ist ebenfalls gestört, wenn ein hoher Körperfettanteil vorliegt.
Ein idealer Körperfettanteil liegt bei 21-25%. Neueste Studien aus den letzten Jahren haben ergeben, dass Frauen mit diesem Körperfettanteil eine 20-25% höhere klinische Schwangerschaftsrate haben (das bedeutet eine nachweisbare Schwangerschaft - noch keine Lebengeburt), als Frauen mit gleichem Gewicht, aber mit höherem Körperfettanteil als 25%. Daraus ist eindrücklich ersichtlich, dass der Körperfettanteil viel wichtiger ist, als das reine Gewicht.
Also soll man für eine IVF abnehmen?
Jein - wie bereits erwähnt, ist das Gewicht zweitrangig. Viel wichtiger ist der Körperfettanteil, der in einen gesunden Rahmen gebracht werden soll. Das Gewicht kann dabei sogar gleich bleiben, aber der Anteil an Muskelmasse wächst, wobei der Fettanteil sinkt. Als Richtwert gilt folgendes Beispiel: 1kg Fett entspricht 7000 Kalorien. Bei einem täglichen Kaloriendefizit von 350 kcal dauert es also 20 Tage, bis 7000 Kalorien verbrannt wurden und 1kg Fett verloren wurde. Wird gleichzeitig Krafttraining gemacht, wird Muskelmasse aufgebaut. Auf der Waage kann sich nach 20 Tagen wenig getan haben, aber das Fettgewebe wurde durch Muskeln ausgetauscht.
Dies hat verschiedene positive Effekte:
mehr Eizellen pro Punktion
bessere Embryonenqualität
bessere Endometriumqualität und uterines Milieu
tiefere Entzündungswerte (wichtig für die Einnistung)
höhere Implantationsrate
leicht höhere Lebendgeburtrate
weniger Anfälligkeit für diverse Komplikationen in der Schwangerschaft
Alle diese Faktoren für sich genommen sind nur kleine Verbesserungen, aber in der Summe können sie das Zünglein an der Waage sein, dass ein Versuch erfolgreich ist, oder das es statistisch weniger Versuche braucht. In mehreren Runden jeweils ein oder zwei Eizellen mehr zu haben, eine bessere Embryonenqualität (z.B. eine Blastozyste mehr) usw. bringt kumulativ viele Vorteile.
Warum ist der Muskelanteil so wichtig?
Stabile Muskeln haben gleich mehrere positive Effekte. Sie regulieren vor allem den Insulinspiegel, denn ein zu hoher bzw. dauerhaft hoher Insulinspiegel hat erstmal direkte negative Auswirkungen auf die Eizellenqualität. Der Insulinspiegel wird auch durch unsere Art zu essen massiv beeinflusst. Nahrungsmittel mit einem hohen glykämischen Index (GI) jagen den Insulinspiegel unnötig nach oben, wohingegen Nahrungsmittel mit einem niedrigeren GI besser verträglich sind. Je mehr kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt eingenommen werden, desto stabiler bewegt sich der Insulinspiegel.
Fettgewebe hingegen enthält diverse Moleküle, die Entzündungen fördern und den Körper insgesamt in einen schlechteren Zustand bringen. Je mehr Fettgewebe da ist, desto leichter können sich Entzündungswerte erhöhen. Ein dauerhaft erhöhter Insulinspiegel lässt zu viel Insulin zirkulieren, was wiederum die Follikelreifung hemmt.
Muskeln wiederum schütten sogenannte Myokine aus, die entzündungshemmend wirken und die Aktivität der Mitochondrien anregen. Mitochondrien gibt es in jeder einzelnen Körperzelle. Sie wirken wie kleine Kraftwerke und halten die Zellen in Schuss. Wenn ihre Aktivität aber gestört oder eingeschränkt wird, werden wir eher krank. Durch eine stetige Muskelaktivität wird auch der Stoffwechsel angeregt, was ebenfalls positive Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit hat. Im Zweifel verdrängen aktive Muskeln also die lästigen Fettzellen und dämmen damit mehrere hinderliche Effekte ein. Regelmässiger Sport verbessert auch die Durchblutung der Eierstöcke.
Was kann ich konkret tun?
Die besten Effekte erzielst du, wenn du regelmässig Krafttraining machst. Dabei geht es wie eingangs erklärt erstmal nicht um eine Gewichtsabnahme, sondern um die Verlagerung des Körperfettanteils hin zu einem höheren Muskelanteil. Je mehr Muskeln der Körper hat, desto mehr steigt auch der Grundumsatz an Kalorien, da der Körper mehr Energie braucht, um die Muskeln zu betreiben. Allein dadurch entsteht bei gleichbleibender Ernährung schon ein Kaloriendefizit.
Beispiel: Dein Körper braucht bei einem Körperfettanteil von 28% einen täglichen Kalorienbedarf von 2300 Kalorien (fiktives Beispiel). Wenn du den Körperfettanteil ein paar Prozent senken kannst und dadurch mehr Muskeln bekommst, steigt dein Grundumsatz auf 2500 kcal, auch wenn sich den Gewicht nicht verändert hat, da Muskeln mehr Energie benötigen als Fett. Allein dadurch entsteht schon ein Kaloriendefitiz, ohne dass die Ernährung geändert wird.
Wenn du zusätzlich abnehmen möchtest, ist ein maximales tägliches Defizit von -300kcal empfehlenswert, was einem moderaten Defizit entspricht. Zu starke und zu schnelle Gewichtsabnahme hat wiederum negative Auswirkungen auf die Eizellenqualität, wenn der Körper in einen Mangelzustand kommt, was wir natürlich nicht wollen. Ein gezielter Muskelaufbau kann aber auch mit mehrheitlich gleichbleibender Ernährung stattfinden. Schon nach wenigen Wochen sieht der Körper definierter aus, auch wenn sich auf der Waage gar nicht so viel tut.
Was ist mit Cardio-Training?
Cardiotraining ist eher als Ausgleich gedacht. Dabei werden zwar auch Kalorien verbrannt, aber nicht primär Muskeln aufgebaut. Der Vorteil von Cariotraining liegt vor allem in der guten Durchblutung. Wenn du dich optimal auf eine IVF vorbereiten möchtest, sollte Krafttraining aber im Vordergrund stehen.
Fazit
Der wichtigste Marker für eine erfolgreiche IVF ist der Körperfettanteil und nicht das Gewicht. Wenn eine Patientin also vor der Wahl steht, jetzt oder in zwei, drei Monaten eine IVF zu beginnen und der KFA aktuell noch zu hoch ist, kann ein vorgezogenes Trainingsprogramm deutlich bessere Effekte bringen, als direkt mit einer IVF zu beginnen. Solche strategischen Überlegungen werden in den KiWu-Kliniken sehr selten einbezogen, sodass falsches Training oder eine unzureichend spezialisierte Ernährung nur zu noch mehr Frust führen.
Tipp
Während einer laufenden Behandlung ist ein Sportprogramm oft zu anstrengend und sollte einem nicht die letzten Reserven rauben. Stattdessen eignen sich Pausen zwischen den Zyklen wunderbar, um den Fokus mehr auf das Training zu legen und kurzzeitige Erfolge zu verzeichnen.
Viele Patientinnen fühlen sich durch Training gestresst, dies aber vor allem weil sie ohne Plan und ohne Ziel trainieren und dementsprechend auch keine Resultate sehen - was zu Frust führt. Ein gezielt abgestimmtes Training zahlt aber direkt auf den Erfolg einer Behandlung ein und reduziert Stress an der Wurzel - nämlich dann, wenn durch bessere Ergebnisse weniger Runden notwendig sind.
Du willst es ganz genau wissen? Erfahre mehr über die drei Säulen einer gesunden Eizellen-Gesundheit und starte noch heute mit kleinen, aber effektiven Anpassungen im Alltag.
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