Eizellenspende - ethische Fragen
- Anna Bergmann
- 7. Juni
- 6 Min. Lesezeit
Im ersten Beitrag zur Eizellenspende ging es um die praktischen Rahmenbedingungen, in diesem Beitrag befasse ich mich nun mit den ethischen Fragen einer Eizellenspende. Gerade weil das Thema medial in den deutschsprachigen Ländern nicht sehr präsent ist, finden viele Paare auf ihre drängendsten Fragen keine Antwort. Mit diesem Beitrag möchte ich das ein Stück weit ändern. Ich habe bewusst juristische und ethische Faktoren einfliessen lassen, indem ich das Thema als Juristin und Philosophin, aber auch als ehemalige Betroffene möglichst ausgeglichen einordnen möchte.
Was wird an der Eizellenspende kritisiert?
In den Medien findet man fast keine Berichte über Frauen, die durch eine Eizellenspende erfolgreich Mama geworden sind. Stattdessen wird sehr stark kritisiert, dass die Spenderinnen (je nach Land) für ihre Spende bezahlt werden und dadurch ausgebeutet werden könnten. In diesem Zusammenhang wird immer auf die Risiken der Follikelpunktion in Verbindung mit Hormonstimulation hingewiesen, die im schlimmsten Fall sogar krebserregend sein soll. Letzteres ist übrigens seit Jahren schon widerlegt - eine Kinderwunschbehandlung erhöht nicht das Risiko für Krebs und führt auch nicht zu einer übermässigen Verminderung der eigenen Eizellen. Was ist mit der finanziellen Ausbeutung?
Natürlich macht man eine Eizellenspende nicht umsonst bzw. bezahlt nicht selbst für die Stimulationsmedikamente für mehrere tausend Euro. Diese Kosten werden also getragen und die Spenderin bekommt meistens eine Aufwandsentschädigung, die sich in Europa auf ein paar hundert Euro beläuft. Aber mal ehrlich: Sich für fünf- oder sechshundert Euro Hormone zu spritzen und sich einem Eingriff unter Vollnarkose zu unterziehen ist nicht die einfachste Methode, um einen solchen Betrag zu verdienen. Frauen die das machen - ihr seid grossartig - haben ein grosses altruistisches Motiv, um anderen Frauen den Wunsch nach einem Baby zu verwirklichen. Ansonsten würde das kaum jemand freiwillig machen. In Europa sind die Rahmenbedingungen dafür sehr gut und ich teile das Argument der Gegnerinnen ausdrücklich nicht, dass Frauen das nur aus finanzieller Not heraus tun.
Erstens verfügen die europäischen Länder alle über ein ausgesprochen gutes Sozialsystem und die Entschädigungen sind nicht so hoch, dass man davon reich werden würde. In aussereuropäischen Ländern wie z.B. der Ukraine kann das natürlich anders sein, das will ich nicht bestreiten. Dass aber jemand eine Eizellenspende nach der anderen macht, nur um damit Geld zu verdienen, halte ich für unwahrscheinlich. Zum einen wird man von den Kliniken nach einigen Runden ausgeschlossen, zum anderen lässt sich auch das nur schwer in den Alltag integrieren, genau gleich wie bei den IVF-Patientinnen.
Das bringt mich zum nächsten Punkt: Die andere Seite - nämlich das Leid der IVF-Patientinnen - wird bei den medialen Diskussionen meist komplett ausgeblendet, oder so dargestellt, als sein ein Kinderwunsch ein Lifestyle-Problem. Mitnichten. Es gibt Frauen, die sich in dieser grossen Not das Leben nehmen - wir haben es beim unerfüllten Kinderwunsch mit einer ernsten Diagnose zu tun, die auf Seiten der Empfängerin immer mit Leid verbunden ist.
Niemand entscheidet sich einfach eines Morgens, einfach mal eine Eizellenspende auszuprobieren, sondern diesem Schritt geht ein langer Leidensweg voraus - die Eizellenspende ist die letzte Station der Reproduktionsmedizin in Europa - weiter geht es nicht mehr.
Dass mit einer einzigen Spende manchmal sogar mehreren Frauen geholfen werden kann, deren Leben sich dadurch radikal ändert und ihr grösster Traum in Erfüllung geht, sollte meines Erachtens viel mehr gesehen werden.
Obwohl es in den meisten Ländern nicht erlaubt ist, sollte hier auch die rein altruistische Spende innerhalb einer Familie erwähnt werden. Was ist daran falsch, wenn ich z.B. als Schwester bereit bin, meiner kinderlosen Schwester eine Eizelle zu spenden? Nicht für alle Spenderinnen ist es ein fürchterlicher und grosser Schritt, es gibt auch Konstellationen, in denen es für die Spenderin ein kleiner Schritt ist, für die Empfängerin aber alles.
Ich möchte damit einfach aufzeigen, dass das Leid der kinderlosen Frauen meist ausgeblendet wird und es in der Debatte nur um die Konsequenzen für die Spenderinnen geht, wobei der kritisierte Eingriff genau der Gleiche ist, dem sich IVF-Patientinnen unterziehen. Auch diese Frauen haben sich das nicht proaktiv ausgesucht, aber auch sie müssen diesen notwendigen Schritt unternehmen - das wird auch nicht erwähnt.
Zur Erinnerung: In der Verfassung gibt es das Recht auf Familie. Dieses unterscheidet nicht danach, ob jemand dabei Schwierigkeiten hat oder nicht, sondern es ist ein Recht. Im Umkehrschluss heisst das, dass manche ein bisschen oder ein bisschen mehr Unterstützung dabei benötigen und das darf sein.
Anonyme Eizellenspende
Bei der anonymen Eizellenspende wird das Kind keine Möglichkeit haben, seine Abstammung zu kennen. Hierbei wird oft vergessen, dass es um zwei separate Fragen geht. Die erste Frage befasst sich damit, ob die werdenden Eltern wissen möchten, woher die gespendete Eizelle kommt. Für viele ist dies in der Not keine grosse Frage. Werden sie dies später ihrem Kind erklären? Wie geht man in der Familie damit um? Diese Fragen beschäftigen viele Wunscheltern, die sich für eine Eizellenspende interessieren. Die zweite Frage ist aber eine, die man bereits vor der Spende für sein zukünftiges Kind entscheiden muss: Ist es vertretbar, dass auch das Kind seine Identität nicht erfahren wird? Wie auch bei der Samenspende (die in manchen Ländern auch nicht anonym möglich ist) entscheidet man für das Kind mit, dass es seine genetische Abstammung nicht kennen wird. Man kann nicht beurteilen, ob das Kind dies einmal wissen möchte oder nicht. Für viele Betroffene kann dies ähnlich wie bei Adoptionen später zu Fragen bei der Identitätsbildung führen und dessen sollte man sich bewusst sein.
Rechtlich ist diese Konstellation aber unsicher und es ist möglich, dass dieses Konstrukt bis in zwanzig Jahren wackeln wird. Beispielsweise in der Schweiz sind keine anonymen Spenden jedwelcher Art möglich. Das Recht des Kindes, seine Abstammung zu kennen, ist in der Schweiz absolut. Bislang gibt es noch keine international prozessierten Fälle, aber eine Frage ist offen: Ist ein Verzicht auf die Kenntnis der Abstammung gegenüber der Klinik rechtsgültig, wenn das Kind selbst darin nicht eingewilligt hat? Mit anderen Worten wäre es also denkbar, dass ein Kind aus der Schweiz heraus gegen eine Klinik im Ausland klagen kann, damit diese die Identität einer Spenderin preisgeben muss, obwohl die Eltern einst eingewilligt hatten, dass dies nicht passiert. Das Recht des Kindes wird in der Schweiz zumindest gleich gewertet wie das Recht des Erwachsenen in diesem Kontext. Es ist daher gut möglich, dass je nach anwendbarem internationalen Recht ein Gericht die Verzichtsklauseln im Ausland eines Tages für ungültig erklären könnte.
Familieninterne Konstellationen
Bei familieninternen Konstellationen stellen sich natürlich auch ethische Fragen, wenn z.B. die eine Schwester der anderen Eizellen spendet. Darf dafür eine Gegenleistung erwartet werden? Was ist, wenn die Schwester eines Tages Anspruch auf das Kind erheben würde, das ja genetisch ihr Kind ist und in einem Abstammungsnachweis auch als solches auftauchen würde? Von wem erbt das Kind einmal?
Unser Rechtssystem kennt keine Konstellation für die Eizellenspende oder für die Samenspende. Vereinfacht gesagt gilt in der Schweiz immer die Mutter als Mutter, die das Kind geboren hat. In einer Ehe gilt der Ehemann als Vater, wenn das Kind während der Ehe oder bis zu neun Monate danach auf die Welt kommt - selbst wenn offensichtlich ein Nachweis vorliegt (DNA-Test), dass er nicht der Vater ist. Einen Antrag auf Vaterschaft kann indes nur das Kind stellen und zwar gegenüber dem genetischen Vater, wenn es dessen Vaterschaft einklagen will. Für biologische Mütter, die nicht die genetischen Mütter sind, gibt es indes gar keine rechtliche Vermutung oder Einordnung - sie existieren im Gesetz nicht.
Würde also eine genetische Mutter ihre Verwandschaft zum Kind nachweisen können, wäre spannend zu wissen, wie dies rechtlch gehandhabt würde. Meines Wissens gibt es noch keinen solchen Fall, der öffentlich bekannt wäre, aber es stellen sich in jedem Fall schwierige Fragen dazu.
Bin ich wirklich die Mama des Kindes?
Viele interessierte Spenderinnen fragen sich, ob sie auch wirklich die Mama sind, wenn ihr Kind genetisch nicht von ihnen abstammt. Dazu kann ich nur sagen: Ja! Es braucht eine einzige Zelle einer anderen Frau, nämlich eien Zelle, die ohne diese Verwendung jeden Monat einfach eingehen würde. Damit aber ein Mensch daraus wird, braucht es die Bauchmama. Sie trägt das Kind neun Monate lang aus und ihre Einflüsse sind deshalb essenziell. Die Epigenetik zeigt klar, dass die Lebensweise der Bauchmama das Kind ganz wesentlich mitprägt, sodass sie keinen Fremdkörper austrägt, sondern ihr Baby ganz persönlich formen kann. Eine Followerin formulierte dies mal ganz schön: Es ist wie die früheste Adoption, die man sich vorstellen kann.
Die Bauchmama ist der Grund, warum das Baby am Ende lebend zur Welt kommt.
Wie entscheiden sich lesbische Paare, wer welchen Part übernimmt?
Diese Frage habe ich in der Klinik gestellt. Die Mitarbeiterin dort erzählte mir, dass es ganz unterschiedliche Konstellationen gibt. Manchmal steht medizinisch schon fest, welche Partnerin sich besser für den Empfang der Spende eignen würde. Manchmal wissen die Partnerinnen selbst auch schon, welche das Kind austragen möchte und welche nicht. Wenn beide Partnerinnen das möchten, kann man auch wechselseitig spenden, das heisst eine Partnerin spendet beim ersten Mal die Eizellen, welche befruchtet und der anderen dann eingesetzt werden, beim zweiten Kind wird das umgekehrt gemacht. So sind beide Eltern beider Kinder.
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